Giftig und entzündlich - Neu-Isenburger Jugendfeuerwehr bekommt es bei Berufsfeuerwehrtag mit Gefahrgut zu tun
30.10.2016Aus dem umgekippten Fass auf der Laderampe tropft eine klare Flüssigkeit. Der Aufkleber mit dem Totenkopf auf dem Behälter lässt nichts Gutes vermuten. Gerade haben Marc Schäfer und Matthias Roth einen der beiden LKW-Fahrer weggetragen. Er war bewusstlos zusammengebrochen, kurz nachdem das Malheur mit dem Fass passiert ist. Seinen Kollegen, der Schock steht ihm kreidebleich ins Gesicht geschrieben, können die beiden Jugendfeuerwehrleute noch auf seinen eigenen Füßen aus dem Gefahrenbereich in Sicherheit bringen.
Der Gefahrgutunfall auf dem ehemaligen Gelände der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein ist einer der Einsätze, den sich Jugendfeuerwehrwart Marius Seeger und 17 andere Betreuer für den diesjährigen 'Berufsfeuerwehrtag' der Neu-Isenburger Jugendfeuerwehr überlegt haben.
29 Stunden lang hat der Feuerwehrnachwuchs an diesem Wochenende im Stützpunkt in der Sankt-Florian-Straße das Kommando übernommen. Dabei bekamen die 16 Jugendlichen Szenarien dargeboten, mit denen es die erwachsenen Kollegen aus der Einsatzabteilung auch regelmäßig zu tun haben: Einen Wasserrohrbruch, einen Mülltonnenbrand, einen Verkehrsunfall mit eingeklemmter Person, eine "unklare Rauchentwicklung" und eben auch das umgekippte Gefahrgutfass auf dem Gelände eines Industriebetriebs.
"Das muss beim Umladen passiert sind", sagt Dennis Multer. Der 16jährige Jugendfeuerwehrmann ist heute als Zugführer vor Ort und für den Einsatz verantwortlich. Und der ist im Gefahrenbereich nur unter so genanntem umluftunabhängigem Atemschutz möglich. Nick Künzler und Tahsin Shakoor haben sich mit Atemluftflasche und Schutzmaske ausgerüstet und bringen die Ladepapiere von der Unglücksstelle zu Dennis, der geduldig in sicherer Entfernung, an der so genannten Absperrgrenze wartet. Leider sind die Papiere in russischer Sprache verfasst, doch die orange Warntafel am LKW verrät: In den Fässern befindet sich offenbar Acetylaceton, eine hochgiftige und auch noch entzündliche Flüssigkeit.
Ein personalintensiver Einsatz steht bevor, so dass die Jugendfeuerwehr-Kollegen aus Langen gerufen werden. Das kaputte Fass wird abgedichtet und geborgen, alles rundherum nach möglichen weiteren Opfern abgesucht. Außerdem müssen die Kanäle rund um die Unglücksstelle abgedichtet werden, damit die giftige Brühe nicht in die Kanalisation gelangt. Jeder, der im Gefahrenbereich eingesetzt war, muss anschließend dekontaminiert werden - genau wie auch alle eingesetzten Geräte: Damit der gefährliche Stoff nicht verschleppt wird und an anderer Stelle neues Unheil anrichtet.
"Der ausgetretene Stoff konnte komplett gesichert und beseitigt werden, es besteht keine Gefahr mehr für die Bevölkerung", beruhigt Einsatzleiter Dennis Multer nach etwa einer Stunde. Nachdem alle Geräte wieder auf den Einsatzfahrzeugen verstaut sind, geht es für die zehn bis 17 Jahre alten Jugendlichen gemeinsam mit den Kollegen aus Langen auf eine Cola zurück zur Wache. Es bleibt allerdings nur bei einer kurzen Stärkung: Vom 29-Stunden-Dienst waren zu diesem Zeitpunkt gerade einmal gut neun Stunden rum. Und so ließ der nächste Einsatz nicht lange auf sich warten.
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