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325 Jahre Neu-Isenburg – 149 Jahre Feuerwehr – Teil VI: Die Ära Georg Leichter – Portrait eines Kommandanten mit Leib und Seele

26.02.2024

10. Juni 1933: Nach einem Kaminbrand fertigt Kommandant Karl Nuß noch den Brandbericht, legt sich anschließend ins Bett und erliegt einem Herzstillstand. Sein Tod ist für die Neu-Isenburger Wehr ein herber Schlag. Rund einen Monat später wird Georg Leichter von den Mitgliedern der FFNI zum I. Kommandanten gewählt. Neu-Isenburgs langjähriger Stadtbrandinspektor Karlheinz Müller hat eine ganze Menge über Georg Leichter recherchieren können:

„Georg Leichter war wie Karl Nuß ein Feuerwehrmann mit Leib und Seele. Er kam am 11. August 1914 als 16-Jähriger zur FFNI und wurde der Steigerabteilung im I. Zug zugewiesen. Als er am 19. Januar 1929 zum II. Kommandanten gewählt wurde, ahnte noch niemand, was dieser Mann für die Feuerwehr leisten wird und welche Bedeutung er später für die Isenburger Wehr, aber auch für das gesamte Feuerlöschwesen im Kreis Offenbach, sogar in ganz Hessen erreichen sollte.

„Dorfschreiber“ - Musiker - Feuerwehrvisionär

Leichter wechselte als „Dorfschreiber“, wie er sich selbst nannte, zur Stadtverwaltung ins Steueramt und hatte dort auch Zeit für die Belange der Feuerwehr. Ob bei geselligen Veranstaltungen oder bei einem Umtrunk nach der Feuerwehrübung in der „Genießerklause“ in der Ludwigstraße bzw. „beim Ronnert in der Offenbacher Straße“, konnte es passieren, dass Georg Leichter seine Zitter auspackte und im Kreise der Kameraden manch fröhliches Lied gesungen wurde.

Wie es bei uniformierten Abteilungen so üblich war, wurde bei der Feuerwehr zu verschiedenen Anlässen in mehreren Reihen „angetreten“.

Georg Leichter, wie auch sein Vorgänger Karl Nuß, hatten das als Soldaten im 1. Weltkrieg gelernt und nahmen das mit in die Feuerwehr. Mit militärischem Drill hatte das aber nichts zu tun. Es ist tatsächlich bis heute bei der Isenburger Feuerwehr noch üblich, dass zu Beginn des Übungsdienstes angetreten und dann die Anwesenheit festgestellt wird. Zum Ende des Dienstes trifft man sich erneut auf diese Weise und es werden dann aktuelle Neuigkeiten bekanntgegeben oder auch Geburtstagsgratulationen ausgesprochen. Egal welchen Alters, egal welchen Geschlechts: Bisher hat sich noch niemand über den Fortbestand dieser Tradition beschwert.

Traditionen und „Kuriositäten“

So wie auf dem Bild sah die Feuerwehr-Uniform bis etwa 1950 aus. | © FFNI
So wie auf dem Bild sah die Feuerwehr-Uniform bis etwa 1950 aus.

Ein großes Anliegen war Georg Leichter auch ordnungsgemäßes Tragen der Uniform und sauberes Aussehen. Was das angeht, war er für uns junge Leute etwas altmodisch. Während andere Feuerwehren bereits eine legere Dienstkleidung mit Diensthemden, Krawatten und vor allem mit einem Uniformrock mit offenem Kragen eingeführt hatten, war bei den Isenburger immer noch der Uniformrock mit zugeknöpften Kragen (bis obenhin) an der Tagesordnung. Hieß es bei Festumzügen „Marscherleichterung“, so durfte der oberste Knopf des Rockes geöffnet werden. Diese „Isenburger“ Kleiderordnung wurde erst Ende der 1960-er Jahre, maßgeblich durch Stadtbrandinspektor Willi Staub, geändert.

Wissen weitergeben müssen – eine Grundüberzeugung Leichters

Als Kreisbrandinspektor verstand Leichter es, nach dem 2. Weltkrieg seine damals 31 Freiwilligen Feuerwehren im Kreisgebiet sowie die Bürgermeister, von der Notwendigkeit des Wiederaufbaus im Feuerwehrwesen und von der Beschaffung von neuen Fahrzeugen und Ausrüstungen zu überzeugen. So wie sein Vorgänger war auch Georg Leichter wegen seines umfangreichen Feuerwehrwissens in den Jahren 1933 und 1934 Lehrer an der Feuerwehr-Fachschule in Friedberg. Nachdem die Friedberger Schule nach Kassel verlegt worden war, konnte er als Lehrer an der Feuerwehrschule in Mainz-Kastel von 1939 bis zu deren Zerstörung nach einem Bombenangriff im Jahre 1942 sein Wissen an die jungen Feuerwehrmänner weitergeben."

Als der mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnete Isenburger Feuerwehrpionier am 11. August 1974 genau 60 Jahre bei der Freiwilligen Feuerwehr seinen Dienst versah, wurde im Isenburger Staatsforst an der Kreuzung Prinzenschneise/Gravenbruchschneise ihm zu Ehren eine Wetterschutzhütte errichtet, die seinen Namen trägt. Mittlerweile ist Georg Leichter auch in unserer Alarmzufahrt verewigt: Seit 2020 ist ein Teil der Zufahrt als Georg-Leichter-Weg ausgeschildert.

Auch technische und politische Entwicklungen waren in den 1930er Jahr selbstverständlich prägend für die Tätigkeiten der Freiwilligen Feuerwehr Neu-Isenburg. Mehr dazu können sie in Teil 7 unserer Reihe erfahren.